Kriegswaisen erleben saarländische Hilfsbereitschaft
Porträt der Woche
Sylvie und Olivier aus Ruanda haben
wieder Hoffnung – Ärzte therapieren kostenlos
Von
SZ-Mitarbeiter Fred Eric Schmitt
Saarlouis. „Es
ist einfach wunderbar“, sagen Sylvie und Olivier. Die beiden sind 17
Jahre alt und Kriegswaisen aus dem ostafrikanischen Ruanda. Drei Monate
waren sie im Saarland zu Gast, um hier vor Jahren begonnene medizinische
Behandlungen anzuschließen.
In Ruanda hat zu Beginn der 90er
Jahre ein Bürgerkrieg getobt. Mehr als 800000 Menschen sind dabei ums
Leben gekommen. Der Krieg hat vor den Kindern nicht Halt gemacht: Der
damals vielleicht sechsjährigen Sylvie hat eine Kugel den Oberarm
zerfetzt, dem kleinen Oliver hat eine Machete das Gesicht zerschnitten.
Neun Jahre ist es jetzt her, dass Sylvie und Olivier mit sechs anderen
schwer verletzten Kriegswaisen nach Saarlouis gekommen waren, um in der
St. Elisabeth-Klinik versorgt zu werden. Einen erschreckenden Anblick
boten die Kinder aus Afrika damals: „Sie waren nicht nur schwer verletzt
und schlecht versorgt, sondern litten auch unter Begleiterkrankungen
wie chronischer Tuberkulose oder Knochenmarksvereiterung“, erinnert sich
der Chefarzt der Kinderklinik in der St. Elisabeth-Klinik, Alexander
Tzonos. Niemals zuvor, sagt er, habe er etwas Ähnliches gesehen. „Gott
sei Dank nicht“, fügt er leise hinzu.
Sowohl bei Sylvie wie auch
bei Olivier konnte die Behandlung 1995 nicht vollständig abschlossen
werden, da man erst abwarten musste, bis die Kinder ausgewachsen waren.
Im Oktober letzten Jahres war es dann soweit. Sylvie und Oliver kamen
zur Weiterbehandlung ins Saarland, begleitet von Schwester Raphaele, die
die Kinder jahrelang betreut hat.
Die Wadgasser Kirchengemeinde
Maria Heimsuchung freute sich auf die beiden Kinder. Seit Jahren
engagiert sich die Gemeinde für die Kinder aus Ruanda. Sie steuert Geld
zum Aufenthalt der beiden jungen Leute in Deutschland bei. Aber auch im
Wadgasser Haus Mutter Rosa der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, wo die
jungen Leute drei Monate lang zu Gast waren, freute man sich auf den
Besuch aus Ruanda. Und in der St. Elisabeth-Klinik in Saarlouis, wo man
die notwendigen medizinischen Eingriffe zum Teil selbst vorgenommen hat,
aber die beiden jungen Leute auch an befreundete Kollegen und
Spezialisten weitervermittelt hat.
An Professor Ulrich Meester
von der Sulzbacher Augenklinik beispielsweise, der Olivier gleich zwei
Mal operiert hat, so dass der junge Mann jetzt endlich sein verletztes
Auge schließen kann, und die ständigen Infektionen abgeheilt sind. Oder
an die plastischen Chirurgen des St. Josef-Krankenhauses in Hermeskeil,
die den Oberarm von Sylvie wieder hergestellt haben, oder die
Spezialisten des Völklinger St. Michaels-Krankenhauses, die die
notwendigen Voruntersuchungen gemacht haben. Alles kostenlos. Viel
zusätzliche Hilfe hat die beiden jungen Leute überrascht: Ein Wadgasser
Zahnarzt, der Olivier „mal eben einen neuen Zahn eingesetzt hat“, oder
ein Optiker aus Völklingen, der Schwester Raphaele eine neue Brille
verpasst hat, so dass sie wieder lesen kann.
Wer Sylvie und
Olivier heute kennen lernt, kommt nicht auf die Idee, dass sie eine
schwere Kindheit hatten.
Was ihre Zukunft angeht, haben sie
konkrete Vorstellungen. Sylvie will Medizin studieren, am liebsten in
Deutschland, und Kinderärztin werden. Olivier will
Wirtschaftswissenschaftler werden. Er möchte „eine Familie, viele Kinder
und dort arbeiten, wo es Herausforderungen gibt und wo ich gute Freunde
habe“. Die Kirchengemeinde Maria Heimsuchung will die junge Frau und
den jungen Mann weiter unterstützen.
Auf die Schnelle
Sylvie und Olivier sind zwei Kriegswaisen aus dem
ostafrikanischen Ruanda. Drei Monate waren sie im Saarland zu Gast, um
sich unter anderem in der St. Elisabeth-Klinik Saarlouis behandeln zu
lassen. Die Wadgasser Kirchengemeinde Maria Heimsuchung unterstützt die
Waisen. red