J. W. von Goethe
Im Leben "mutlos"
gewesen zu sein, wird einem von den meisten Menschen verziehen, aber ohne
Not einfach zu schnell aufgegeben zu haben, "feige" gewesen zu sein, in der
Regel nicht. Feigheit wäre es, wenn wir ganz bewusst zu etwas Gutem nicht
gestanden oder eine reelle Chance nicht genutzt und sie einfach vertan
hätten. Wenn der Philosoph Friedrich Nietzsche mit großer Bestimmtheit
behauptet, dass es "nur eine Sünde gibt: die Feigheit", so muss man seine
Meinung doch ein gutes Stück relativieren. Die meisten Menschen, die wir
"Feiglinge" nennen, haben ganz sicher nicht die große Absicht, eine "Sünde"
zu begehen. Feigheit muss nicht immer etwas Großes, Spektakuläres sein, sie
findet sich am häufigsten in unscheinbaren Situationen. Wir entwickeln
wahrscheinlich alle eine Fähigkeit, in bestimmten Situationen einfach
wegzusehen, wegzuhören. Das betrifft Botschaften, die uns aus der realen
Außenwelt erreichen, aber auch die „innere Stimme“, die Stimme des
Gewissens, die Stimme unseres „Bauchgefühls“, die wir zwar hören, dann aber
"überhören" aus Furcht vor einem moralisch notwendigen, unangenehmen
Schritt, den wir dann letztendlich gehen müssten. Dahinter steckt häufig der
Wunsch, von allen geliebt zu werden, deshalb kein Risiko einzugehen, nicht
„anzuecken“.