Wochenspiegel vom 09.10.2019:
Wadgasser
Kirche erhält Reliquie
26. Januar 2020:
Festhochamt Einführung der Reliquie des Hl. Norbert von Xanten
Fotos von Horst Meyer
Paulinus-Artikel vom 9. Februar 2020:
Vom
Niederrhein über Prag ins Saarland
Wadgasser Rundschau vom 06.02.2020:
Feierliche
Einführung einer "Norbert-Reliqie" in Wadgassen
Paulinus-Artikel vom 4. Juni 2023:
„mit
Bibel und Spaten“ von
Stanislaus Klemm
So
lautet der Titel eines Buches, das im vorletzten Jahr zur
900-Jahrfeier der Gründung des Prämonstratenser- Ordens durch den Hl.
Norbert von Xanten herausgegeben wurde. Mit den beiden Begriffen:
„Bibel und Spaten“ wollte der Herausgeber in Anlehnung an eine
berühmte Merseburger Skulptur des Heiligen sowohl das
geistig/kulturelle wie auch wirtschaftliche Wirken und die
Bautätigkeit dieses Ordens ins Gedächtnis rufen, der selbst nach
schwersten Krisen wie: Reformation, Glaubenskriege, Aufklärung,
Revolution und Säkularisierung bis heute immer noch eine glaubwürdige
Grundlage geblieben ist, christlichen Glauben zu leben, gute
Wirtschaftsführung und Lebensgrundlage für Menschen zu schaffen,
Gemeinschaft zu stiften, sowie Bildung und Kultur zu fördern. Gedanken
zum Hl. Norbert von Xanten, dessen Gedenktag wir am 6. Juni begehen.
Der Hl. Wolfram, erster Abt [1135-1158] der Prämonstratenser-Abtei
Wadgassen, größte Gründung im damaligen Erzbistum Trier, hätte sich
sicherlich sehr gefreut über die vom Wadgasser Heimatforscher Bernd
Hartmann im Jahr 2019 initiierte und organisierte Übertragung einer
Reliquie seines Mitbruders und Ordensgründers Norbert von Xanten vom
Prager Kloster Strahov aus in seine nach ihm neu benannte
Pfarrgemeinde in Wadgassen.
Das Leben des Hl.
Norbert von Xanten weist zwei entscheidende „Brüche“ auf. Da ist zum
einen die Wandlung vom adligen, reichen Chorherrn zum Asketen, Rückzug
aus „der Welt“, zum begeisterten und furchtlosen Wanderprediger und
Ordensgründer, zum anderen wird sein Leben erneut geprägt und bestimmt
durch sein Wirken als Bischof wieder in die „Welt“ zurück, in „die
Welt hinein“.
Geboren wird Norbert
zwischen 1080 und 1085 in Xanten als Sohn eines alten
niederrheinischen Adelsgeschlechtes. Auf Wunsch seiner Eltern wird
Norbert schon früh ins adlige Xantener St.-Viktor-Stift aufgenommen
und hat bereits als Subdiakon durch seine Dienste für den Kölner
Erzbischof wie auch als Berater des Kaisers ertragreiche Pfründe und
kann so ein sehr begütertes Leben führen.
Nach einem starken
Bekehrungserlebnis, das sehr an die
Bekehrung des Saulus zum Paulus
erinnert, lässt er sich zum Priester weihen, wendet sich dem
eremitisch-asketischen Leben zu, schenkt seinen Reichtum den Armen und
zieht als Gott zugewandter Wanderprediger durchs Land. Im Jahr 1121
gründet er mit 13 Gefährten in einem abgelegenen Tal bei Prémontré den
Orden der „Prämonstratenser“, den größten römisch-katholischen Orden
regulierter Chorherren. Im Gegensatz zu anderen Orden sind sie
geweihte Priester und keine Mönche. Sie leben aber nach der strengen
Regel des Hl. Augustinus und legen ein Gelübde ab. Anfangs leben auch
Frauen und Männer in Doppelklöstern. Intensives Gebet, Fasten,
Seelsorge, aber auch anstrengende Handarbeit bestimmen ihr Leben. Von
1126 bis zu seinem Tod übernimmt Norbert den Bischofssitz in Magdeburg
in der stillen Hoffnung, so ein ganzes Bistum für seine Reform zu
gewinnen. Norbert
zählt zu den Vertrauten des Kaisers Lothar III. und begleitet ihn in
den Jahren 1132/33 nach Rom, wo
dieser zum Kaiser gekrönt wird. Norbert ist kurzfristig und
vorübergehend in Vertretung des Erzbischofs von Köln sogar als
Reichserzkanzler für Italien tätig.
Er stirbt am 6. Juni 1134,
wahrscheinlich an einer Malariaerkrankung, die er sich auf einer Reise
zugezogen hatte. Er wird in Magdeburg beigesetzt und
von der katholischen
Kirche seit 1582 als Heiliger verehrt.
Die Gebeine des Hl. Norbert werden 1626 von Magdeburg aus in die
tschechische Ordensniederlassung Doxan und von dort ins Prager Kloster
Strahov überführt, um sie vor den Wirren des Dreißigjährigen Krieges
zu schützen. In dieses Kloster war auch 1792 der letzte Wadgasser Abt
Baptiste Bordier geflohen, als seine eigene Abtei durch Franzö-sische
Revolutionstruppen besetzt und aufgelöst wurde.
Sein späteres Bischofsamt war stets
großen Auseinandersetzungen, Anfechtungen und Widerständen ausgesetzt,
stand es doch im Schnittpunkt zwischen geistlichen und weltlichen
Gewalten, aber auch zwischen traditioneller geistlicher
Stadtherrschaft und zunehmend autonomieorientierten Bürgerverbänden.
Dennoch blieb am Ende eine bewundernswerte Sicht seiner Hirtenzeit. In
einer alten Magdeburger Bischofschronik von 1883 heißt es unter
anderem über Norbert: „Durch das leider so beklagenswerte und
unerwartete Geschick seines Todes wurde uns gleich wie eine plötzlich
herabfallende Blüte jener denkwürdige Mann entrissen, jener
vortreffliche Prediger, der Mann, sage ich, der für die Kirche
notwendig und erwünscht war, der eine Zuflucht der Unglücklichen, ein
Trost der Betrübten war und die Liebe zu den Menschen und den Hass
aller Laster besaß … Gegen Silber und Gold, das die Sterblichen als
das Höchste erachten, hatte er eine solche Verachtung, dass er keine
Bedenken trug, den überreichen Schatz seiner Kirche auszugeben.“
Spätestens nach dem berühmten, unseligen
Gang des Kaisers Heinrich IV. nach Canossa im Jahr 1077 war im ganzen
Reich der sogenannte „Investiturstreit“ ausgebrochen, wo es um
grundsätzliche kirchenrechtliche Streitpunkte zwischen der weltlichen
und geistlichen Macht (Ämtervergabe) ging. Der hl. Norbert von Xanten
hat zu seiner Lebenszeit entscheidende Impulse gegeben, um diese
Streitigkeiten durch seine Art der Vermittlungsbereitschaft ein gutes
Stück weit schlichten zu helfen. Sowohl von kaiserlicher als auch von
päpstlicher Seite hoch geschätzt standen in seiner Person in
einzigartiger Weise seine adelige Herkunft mit seiner tiefen
religiösen Verbundenheit in einem guten Dialog.
„Norbert zeigte sich als ein Mann auf
der Höhe seiner Zeit, der deren Anforderungen verstand und gestaltete.
Sein aus der Kanoniker-Reform hervorgegangener Orden sollte in der
Zukunft der mächtigste und beständigste dieser Art werden. Hierfür war
nicht zuletzt die Förderung ausschlaggebend, die er seinen
Prämonstratensern in Magdeburg zuteil werden ließ. Durch sie nahm er
Einfluss auf die Kirche weit über seine Lebenszeit hinaus“, so urteilt
der Mainzer Kirchenhistoriker Prof. Dr. Rolf Decot. Neben Bernhard von
Clairvaux gehört der Hl. Norbert ganz sicher zu den wichtigsten
kirchlichen Persönlichkeiten des 12. Jahrhunderts.
Norbert ist ein Heiliger mit vielen
Facetten und Fähigkeiten. Selbst sein Interesse für „Archäologisches“
soll ihm zumindest im Kölner Raum Ruhm und Ansehen beschert haben. Die
Gebeine des seit der Spätantike in Köln verehrten Hl. Gereon,
römischer Märtyrersoldat und Mitglied der sogenannten „Thebäischen
Legion“ sollen erst 800 Jahre später auf Anraten und unter der Leitung
von Norbert in der Nähe von Köln ausgegraben worden sein.
Wahrscheinlich hat er sogar bei der Ausgrabung selber „mit Hand
angelegt“. Zumindest könnte der Buchtitel „mit Bibel und Spaten“ einen
interessanten Bezug dazu herstellen. Uns allen aber schenkt der
Heilige Norbert von Xanten zwei sehr Nachdenkens werte Erfahrungen,
wenn er meint: „Ich
war bei Hofe, ich war im Kloster, ich stand in kirchlichen Würden; und
überall machte ich die Erfahrung, dass es nichts Besseres gibt, als
ganz auf Gott gerichtet zu sein.“ Und:
„Ein
strenges Leben ist reich an Freuden: das glaubt niemand, außer, wer es
selbst erprobt.“